Kompetenzorientiertes Prüfen auf den Punkt gebracht

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Kompetenzorientiertes Prüfen: Ein Positionierungsinstrument für die Höhere Berufsbildung

Die Berufsbildung in der Schweiz hat sich traditionell bewährt und wird vielerorts als Erfolgsmodell dargestellt. Nichtsdestotrotz kommen die Akteure der Berufsbildung immer wieder in die Situation, sich gegen die akademische Ausbildung behaupten zu müssen. Fehlender Bekanntheitsgrad, unbekannte Titel, intransparente Bildungssystematik – ein paar Gründe, welche dazu führen, dass der akademischen Bildung der Vorrang gegeben wird. Unterschiedliche Massnahmen werden ergriffen, um die Positionierung der höheren Berufsbildung zu stärken. Eine starke und vielversprechende Massnahme liegt sicherlich in einer konsequenten Umsetzung der Kompetenzorientierung.

Die Welt der Unternehmen …
Denkt man von der Praxis bzw. von den Unternehmen her, so ist für diese entscheidend, dass man auf dem Arbeitsmarkt kompetente Berufsleute für die Ausübung von betrieblichen Funktionen findet. Die Rekrutierungsverfahren innerhalb der Unternehmen sind oftmals aufwendig gestaltet, um die richtige Person für die ausgeschriebene Stelle zu finden. Für einen ersten Vergleich von Stellenanforderungen und persönlicher Qualifikation der Bewerber/innen spielen die im Curriculum Vitae abgebildeten Abschlüsse eine wichtige Rolle. Was aber, wenn die im Bildungsnachweis (Zertifikat, Diplom etc.) angeführten Kompetenzen nicht aussagekräftig sind? Was, wenn die Person die aufgeführten Kompetenzen nicht hat? Immer wieder hört man von Linien- und von HR-Verantwortlichen, dass die Bildungsnachweise zum Teil schillernd klingen, aber die Absolvent/innen in der Praxis nicht über die entsprechenden Kompetenzen verfügen.

Dies ist eine der grossen Herausforderungen der Berufsbildung! Die Organisationen der Arbeitswelt begegnen dieser Herausforderung mit Reformen von Bildungsplänen, Prüfungsordnungen oder Rahmenlehrplänen. Inhalte werden in Form von Kompetenzen formuliert und die Prüfungsanlagen sind so ausgerichtet, dass jene auch valide überprüft werden können.

Das ist zugleich die anspruchsvolle Ausgangssituation für die Bildungsinstitutionen in der Berufsbildung: Sie sind gefordert, die Handlungskompetenzen ins Zentrum der Arbeit zu rücken. Dazu müssen Curricula angepasst, neue, kompetenzorientierte Unterrichtsmethoden eingeführt, der Nutzen von virtuellen Lernumgebungen geprüft, die Dozierenden auf die didaktischen Herausforderungen vorbereitet werden – ein sehr anspruchsvolles, aber aus unserer Sicht nicht minder spannendes Vorhaben.

Neben der Ausgestaltung von kompetenzorientierten Lerndesigns ist die Umsetzung von kompetenzorientierten Prüfungen ein wichtiger Ansatzpunkt, um die Kompetenzentwicklung gezielt zu fördern. Weiss man doch, dass die Art und Weise der Prüfung das Lernverhalten der Auszubildenden nachhaltig prägt.

Der Schlüsselsatz, um diese Herausforderung erfolgreich zu meistern: Einsatz eines geeigneten, kompetenzorientierten Methodenmix bei den Prüfungen!

Herausforderungen bei der Entwicklung von kompetenzorientierten Prüfungen

Unsere Erfahrung zeigt, dass folgende Aspekte bei der Entwicklung von Prüfungen eine wichtige Rolle spielen:

Herausforderung 1: Konzeption eines ganzheitlichen, ökonomisch vertretbaren Prüfungskonzepts
Bei der Entwicklung des Prüfungskonzepts ist darauf zu achten, dass alle zentralen Kompetenzen, wie das berufliche Handeln, das notwendige Wissen dazu, die professionelle Haltung und die Reflexionsfähigkeit stichprobenartig mit einem entsprechenden Methodenmix überprüft werden. Das Prüfungssetting muss jedoch auch in einem ökonomisch vertretbaren Umfang umgesetzt werden. In diesem Spannungsfeld gilt es, die bestmögliche Lösung zu finden.

Herausforderung 2: Erstellung von praxisnahen und treffsicheren Prüfungsaufgaben
Die Prüfungsaufgaben sollen die betriebliche Realität so realistisch wie möglich abbilden. Dies ist – vor allem in generalistisch ausgeprägten Berufsbildern – nicht immer einfach zu bewerkstelligen.

Herausforderung 3: Formulierung eines konkreten Beurteilungsmassstabs
Faire Prüfungen fordern, dass die Lehrpersonen oder Prüfungsexpert/innen nach einem einheitlichen Massstab beurteilen. Neben der subjektiven Einschätzung, die immer vorhanden ist, kann diesem Anspruch mittels eindeutig und allgemeingültigen Beurteilungskriterien Folge geleistet werden.

Herausforderung 4: Vorbereitung der Kandidat/innen auf die Prüfungsformen, die auch in den eidg. Abschlussqualifikationen eingesetzt werden
Eine Referenz für eine Bildungsinstitution ist eine möglichst hohe Bestehensquote ihrer Kandidat/innen an eidgenössischen Prüfungen. Eine effektive Möglichkeit die Bestehensquote zu fördern, ist das Trainieren der entsprechenden Prüfungsformen im Rahmen von Lernkontrollen oder Semesterprüfungen. Somit wird ausgeschlossen, dass nicht die Art und Weise der Prüfung zum Stolperstein wird.

Um den Herausforderungen gut begegnen zu können, lohnt es sich, bei den Entwicklungs- und Umsetzungsarbeiten schrittweise vorzugehen. Folgende Grafik gibt einen Überblick über die einzelnen Arbeitsschritte:

Grafik Flyer Auftakt