Das Richterportfolio

| Projektfokus

Fragestellung
Das Obergericht des Kantons Zürich hat ein Entwicklungssystem zur Erweiterung und Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenzen von Richterinnen und Richtern, sowie zur Verbesserung deren kollegialen Vernetzung in den Gerichten und gerichtsübergreifend eingeführt. Dabei standen insbesondere folgende Fragen im Vordergrund: Wie kann ein Entwicklungssystem realisiert werden, das die richterliche Unabhängigkeit wahrt? Welche Form muss dieses haben, um der unterschiedlichen Vorbildung der Richter/innen gerecht zu werden?

Vorgehen

  • Entwicklung eines auf Selbstorganisation beruhenden, sechs Kompetenzbereiche umfassenden Lerndesigns
  • Implementierung eines Entwicklungssystems in Zusammenarbeit mit Expert/innen
  • Einführungsveranstaltung und Betreuung der Richterinnen (E-Tutoring)
  • Aufgleisen der Weiterentwicklung und wissenschaftlichen Begleitforschung

Ergebnisse/Produkte
Vier grosse «Bausteine» stützen das Richterportfolio:

Anhand eines Kompetenzrasters können die Richter/-innen eine Selbsteinschätzung vornehmen. Dabei sehen sie möglichen Entwicklungsbedarf.

Zu Beginn und zum Abschluss einer Portfolioleistung leistet ein Richter oder eine Richterin den Teilnehmer/innen als Portfoliopartner Unterstützung im Rahmen eines Gesprächs.

Für jeden Kompetenzbereich stehen so genannte Entwicklungsinstrumente zur Verfügung. Sie lassen sich grob in die Kategorien Diagnose- und Reflexionsinstrumente, individuelle Wissenserarbeitung und Wissensaustausch unter Kolleg/innen einteilen. Aus diesen können sich die Richter/-innen je nach persönlichem Wissensstand ein Portfolio zusammenstellen.

Das Kompetenzraster sowie alle Entwicklungsinstrumente stehen den Richter/innen auf einer virtuellen Plattform zur Verfügung. Die Plattform dient auch als Austausch- und Kommunikationsplattform.

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Die Richter/innen absolvieren pro Jahr eine Portfolioleistung im Rahmen einer der sechs Kompetenzbereiche.

Gewonnene Erkenntnisse
Ein Weiterbildungssystem, welches der richterlichen Autonomie, einer fehlenden Richterqualifikation in der Schweiz sowie den komplexen Anforderungen der richterlichen Tätigkeit gerecht wird, lässt sich besonders gut mit virtuellen Lerneinheiten verwirklichen. Entscheidend für den Entwicklungsprozess eines solchen richterlichen Weiterbildungssystems ist, dass alle Instrumente systematisch auf die richterliche Tätigkeit ausgerichtet sind und von Anfang an von den Richtern und Richterinnen mitentwickelt werden. Der Lernbedarf und -prozess muss von den Teilnehmenden in Selbstorganisation definiert und bestimmt werden. Gleichzeitig ist Kritik, Rückmeldung und Anerkennung für erbrachte Leistungen als wichtiges Element einzuplanen.